Autor: Dieter Krieger
Die Schlacht um Europas Gasmarkt ist in vollem Gange und wird mit allen Mitteln geführt.
Europa ist der drittgrößte Gasverbraucher der Welt. Den mit Abstand größten Gasbedarf haben die großen Industriestaaten Westeuropas, allen voran Deutschland.

Rund ein Viertel des EU-Gasbedarfs stammt aus der Nordsee. Russland deckt mit seinen gigantischen Gasvorkommen ein weiteres Viertel ab. Viele Gasleitungen nach Westeuropa führen durch osteuropäische Staaten, welche ebenfalls mit Gas beliefert werden. Die Gasleitung Nord Stream 1 liefert seit Ende 2011 russisches Gas über die Ostsee direkt nach Deutschland.
Ebenfalls über riesige Gasvorräte verfügen Golfstaaten wie Qatar und Iran. Seit einigen Jahren spielen auch die USA mit ihrem Fracking-Gas ein immer größere Rolle. Dieses Gas kann aber auf Grund der Entfernung nicht via Pipelines nach Europa transportiert werden. Es wird zuerst verflüssigt, dann in Spezialtankern verschifft und am Zielhafen wieder in Gas umgewandelt. Dieses Verfahren ist aufwändig und erfordert große Investitionen. Die Kosten dafür sind jedoch in den letzten Jahren deutlich gesunken, sodass sich bei weiter steigenden Gaspreisen eine Verflüssigung und eine Verschiffung über große Entfernungen lohnen. Flüssiggas gewinnt unter den fossilen Energieträgern weiter an Bedeutung, ist aber im Vergleich zum herkömmlich transportierten Erdgas immer noch etwas teurer.
Eine zweite Pipeline von Russland durch die Ostsee nach Deutschland wollten die USA von Anfang an verhindern. Anfangs nahmen sie Einfluss über diplomatische Kanäle und die Medien. Nun haben die USA beschlossen, Sanktionen gegen Firmen und Personen zu verhängen, die sich am Bau und späteren Betrieb von Nord Stream 2 beteiligen.
Diese Sanktionen sind offenkündig völkerrechtswidrig, weil ein nationales Gesetz der USA exterritorial angewendet wird. Durchsetzbar sind die verhängten Sanktionen nur wegen der Rolle des US-Dollars im Weltfinanzsystem. Auf Gegensanktionen will die Bundesregierung nach eigenem Bekunden aber verzichten.
Da kommt nun der Fall Nawalny wie gerufen, um Russland an den Pranger zu stellen und Deutschland dazu zu bringen, Nord Stream 2 doch noch gesichtswahrend zu stoppen.
Bisher gibt es keine Beweise für eine Beteiligung russischer Behörden an dem Giftanschlag gegen Nawalny. War es der russische Geheimdienst, oder vielleicht doch ein westlicher? Wurde der Giftanschlag inszeniert, um Forderungen nach einem Baustopp durchzusetzen? Hat Nawalny vielleicht sogar mitgespielt? Der Phantasie und der Spekulation sind keine Grenzen gesetzt. Jedenfalls ist es alles andere als plausibel und nachvollziehbar, dass der russische Staat einen Giftanschlag auf einen Oppositionellen durchführt, wohl wissend, dass weitere Sanktionen die Folge sein dürften.
Fest steht, dass die USA mit allen Mitteln versuchen, das strategische Gasprojekt Nord Stream 2 kurz vor seiner Fertigstellung noch zu verhindern. Es wird behauptet, Deutschland und die Europäer begäben sich damit in Abhängigkeit von Russland.
Seit über hundert Jahren sei es das Hauptziel der USA, eine Annäherung von Deutschland und Russland zu verhindern, meinte der Gründer des geopolitischen Informationsdienstes Stratfor, George Friedman, auf einer Pressekonferenz des Chicago Council on Global Affairs am 4. Februar 2015.

Zbigniew Brzezinski, der frühere Sicherheitsberater von Präsident Carter, stellte in seinem Buch „Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ nüchtern fest, dass die Deutschen die Ehre hätten, „tributpflichtige Vasallen der USA“ zu sein.
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble sprach es auf dem Europäischen Bankenkongress am 18. November 2011 unverblümt aus: „Deutschland ist seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“
Deutschland wird sich wohl fügen müssen.
Hintergründe und Originalaussagen gibt es in diesem Video: https://youtu.be/puq0fjpCbnk