Hans-Pfitzner-Straße

In der Angelegenheit habe ich folgenden Brief an den Bürgermeister und den Gemeinderat geschrieben. Ich bin auf die Antwort gespannt.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kollegen,

ich möchte mich hier zur diskutierten Umbenennung der Hans-Pfitzner-Straße äußern.

Ohne zunächst näher auf die Person einzugehen, stellt sich doch wohl die grundsätzliche Frage.

Wollen wir nun in Schriesheim jede Person, nach der eine Straße benannt wurde daraufhin durchleuchten, ob diese den heutigen zeitgeistlichen Moralvorstellungen genügt oder nicht?

Will man dann bei einer Aufführung des „Käthchens von Heilbronn“ zukünftig auf die Musik von Pfitzner verzichten?

Denn, wenn nun über Hans Pfitzner diskutiert wird, dann muss man das ehrlicherweise auch bei allen anderen Straßennamen, welche nach einer Person benannt sind, tun.

Und dabei kann man auch nicht den Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus verengen. Luther z. B. wird auch Antisemitismus nachgesagt, und er hat sich dafür ausgesprochen, aufständische Bauern, die ihre Freiheitsrechte erlangen wollten, wie „tolle Hunde“ zu erschlagen.

Im Übrigen hat er sich auch gegen die Obrigkeit aufgelehnt und „Regeln“ nicht beachtet. Auch das sehen manche heutzutage als nicht mehr legitim an.

Gleiches würde auch für Personen gelten, die dann ersatzweise die jeweilige Straße benennen. Auch hier müssten die gleichen moralischen Maßstäbe gelten.

Ich finde, dass in der Causa Pfitzner, der Mannheimer Morgen sein Quasimeinungsmonopol missbraucht und in Gestalt von Herrn Groß in unzulässiger Weise massiv in die kommunale Selbstverwaltung eingreift.

Für die Entscheidungen sind immer noch der Gemeinderat und der Bürgermeister zuständig. Herr Groß zeichnet in unanständiger Weise, unter Verletzung von journalistischen Standards, ein bewusst negatives Bild von Pfitzner um eine Umbenennung durchzusetzen.

Dazu sucht er sich einzelne Passagen heraus, die er maximal zu Ungunsten von Pfitzner auslegt. Alles was für Pfitzner spricht lässt Herr Groß weg.

Dazu sei nur kurz gesagt: Pfitzner hatte jüdische Freunde, war mit einer Halbjüdin verheiratet und hat sich für die Freilassung des gebürtigen jüdischen Künstlers Cossmann eingesetzt.

Er wurde nach dem Krieg freigesprochen und jüdische Künstler haben sich für ihn ausgesprochen.

Es gibt zahlreiche andere Passagen in denen Pfitzner klar gesagt hat, dass er gegen einzelne Juden nichts hat.

Herr Groß möchte hier also noch einmal über Pfitzner richten und gibt sich gelichzeitig als Ankläger und Richter. Eine Verteidigung ist offensichtlich nicht vorgesehen.

In unserem Rechtssystem darf eine Person wegen eines Vergehens aber nur einmal vor Gericht stehen.

Grundsätzlich stellt sich sowieso die Frage, wie man das künstlerische Wirken und den Charakter gewichtet.

Man kann Person und Werk auch gänzlich trennen.

Ich plädiere also dafür, bei dem Thema Straßenumbenennungen keine voreiligen Entscheidungen zu treffen und sich hier nicht von Teilen der Presse drängen zu lassen.

Die Diskussion sollte öffentlich unter Beteiligung der Bürger und vor allem der betroffenen Anwohner geführt werden.

Es ist keine Eile geboten, bis vor kurzem hat sich niemand in Schriesheim an dem Namen Pfitzner gestört.

Bedacht werden sollte auch, dass Umbenennungen Geld kosten und davon hat Schriesheim bekanntlich nicht so viel.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Kröber